Gutes Klima für Berlin. Mobilitätswende sozial gestalten

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Michael Müller

von Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin

Wer Emissionen vermeiden will und es mit der Klimawende ernst meint, der muss über Verkehr reden und hier besonders natürlich über den Verkehr in Großstädten.

Hier hat Berlin in den vergangenen Jahren wichtige Zeichen gesetzt und die Mobilitätswende vor allem hin zum ÖPNV vorangetrieben. Unser Konzept als SPD ist es dabei nicht, einzelne Verkehrsarten zu stigmatisieren. Unser Konzept ist es, umweltschonende Alternativen auszubauen und durch attraktive Angebote davon zu überzeugen, dass es sauberer, schneller, angenehmer und auch günstiger ist, Bus, Bahn und das Fahrrad zu nutzen. Oder auch öfter mal zu Fuß zu gehen.

Aber, das wissen wir aus vielen Umfragen: Für die Berlinerinnen und Berliner ist der ÖPNV das wichtigste Verkehrsangebot und hier können wir als Staat die Impulse setzen, mit denen die Attraktivität erhöht wird. Dazu gehört natürlich eine schnellere Taktung, eine gute Anbindung der Außenbereiche und ein attraktives Preisangebot.

Vor 100 Jahren haben die für die Berliner Verkehrspolitik Verantwortlichen vorausschauend die Grundlagen für unser heutiges U-Bahn- und S-Bahnnetz gelegt. Sie wussten, dass nur ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr die Menschen in einer Millionenstadt verlässlich bewegen kann. Daran wollen wir in Berlin anknüpfen mit einer genauso weitblickenden Weichenstellung für zukünftige Generation. Wir haben in den letzten Jahren viel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs getan, etwa durch den Lückenschluss der U5. Aber für die nächsten Generationen müssen wir - wie in den 20er Jahren des letztens Jahrhunderts - neue Vorhaben, wie etwa die Verlängerung von U-Bahnlinien im Blick behalten. Dafür wird der Senat jetzt eine Kosten-Nutzen-Analyse für die Verlängerung der U 7 zum BER und in die Spandauer Heerstraße prüfen. Mir bleibt es wichtig, dass wir uns auch weiter dafür einsetzen, das Märkische Viertel an die U8 anzuschließen.

Gleichzeitig konnten wir die Ticketpreise für Monatsabonnements für viele Berlinerinnen und Berliner senken. Mit dem kostenlosen Schülerticket haben wir ein klares Zeichen gesetzt für ein familienfreundliches Berlin. Das Jobticket ist ebenfalls stark reduziert worden und bietet mit um die 45 Euro im Monat eine kostengünstige Möglichkeit, von und zum Job zu kommen und dabei gleichzeitig die Umwelt zu entlasten.

Mit meinem Vorschlag für ein 365 Euro-Ticket für ein Jahr Nahverkehr in Berlin, möchte ich den nächsten Schritt hin zu einem attraktiven Angebot machen. Denn ich bin sicher, dass es unschlagbar günstig und gut ist, wenn man für einen Euro pro Tag das Auto stehen lassen kann. Wir beweisen damit auch, dass für uns der öffentliche Nahverkehr Priorität hat.

Im Rahmen des Klimapakets der Bundesregierung sollen auch Pilotprojekte mit 365-Euro-Tickets gefördert werden. Es sagt einiges, dass der zuständige Bundesminister über ein Jahr gebraucht hat, um die Förderbedingungen für das Projekt zu veröffentlichen. Schon Anfang 2020 hatte ich Minister Scheuer angeschrieben, dass sich Berlin im Rahmen des damals verabschiedeten Klimapaketes der Bundesregierung als 365-Euro-Modellmetropole bewerben wird. Jetzt ist es endlich soweit und wir werden diese Chance nutzen, einen weiteren entscheidenden Schritt hin zum 365-Euro-Ticket zu gehen und uns jetzt bewerben. Ich bin überzeugt davon, dass die Kombination aus Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur und attraktiven Ticketpreisen auch in Zukunft der richtige Weg ist, damit mehr Berlinerinnen und Berliner den öffentlichen Personennahverkehr nutzen und freiwillig auf das Auto verzichten.

Aber natürlich gehört zur Mobilitätswende auch, weiter bessere Bedingungen für andere umweltfreundliche Verkehrsmittel zu schaffen. In den letzten Monaten sind viele Berlinerinnen und Berliner auch pandemiebedingt vermehrt auf das Fahrrad umgestiegen. Das ist ein erfreulicher Trend, der sicher auch nach der Pandemie anhalten wird und den wir weiter unterstützen müssen. Unsere Anstrengungen für vor allem sichere, aber auch komfortable Radwege müssen wir deshalb noch deutlich erhöhen. Wir wollen aber auch die vielfach in der Vergangenheit vernachlässigten Fußgängerinnen und Fußgänger mehr in den Blick nehmen. Auch da haben wir mit dem gerade verabschiedeten Fußverkehrskapitel für das erste Mobilitätsgesetz Deutschlands wichtige Impulse gesetzt. Damit setzen wir Standards zum Schutz und für mehr Aufenthaltsqualität für Fußgängerinnen und Fußgänger.

Das Auto spielt in Berlin traditionell eine geringere Rolle als in anderen deutschen Großstädten. In Berlin kommen auf eintausend Einwohnerinnen und Einwohner gut 390 PKWs, während es in München, Frankfurt und Köln über 500 sind. Wo immer das Auto als Verkehrsmittel noch gebraucht wird, sollte es in Zukunft nur noch emissionsfrei fahren. Wir haben dafür auf meine Initiative im Jahr 2018 ergänzend zu den E-Prämien der Bundesregierung mit einem 10-Punkte-Plan die Elektrifizierung des Berliner Autoverkehrs weiter vorangetrieben. Damit konnten wir nicht nur mehr Ladesäulen fördern, sondern auch den umweltfreundlichen Erwerb gewerblicher und wirtschaftsnaher Kraftfahrzeuge unterstützen. Das Ergebnis kann sich schon jetzt sehen lassen: Erstmals wurden 2020 in Berlin mehr PKWs mit Elektro- und Hybridantrieb neu zugelassen als klassische Verbrennungsmotoren. Wir werden für E-Autos durch den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur zusätzliche Impulse setzen. Denn ich bin sicher, wenn gefühlt an jeder Ecke einen Ladesäule steht, verliert sich auch die Angst, das Auto nicht rechtzeitig laden zu können. Auch hier kommen wir durch eine innovative Angebotspolitik zu mehr CO2-neutralen Verkehr.

Gutes Klima für Berlin. Das ist mein Anspruch und ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass wir durch einen intelligenten und fortschrittlichen Mix aus Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur und guten öffentlichen Angeboten Berlin zu einer klimaneutralen Stadt machen. Denn das ist die richtige Mischung für eine sozial-ökologische Verkehrswende, mit dem wir allen ein gutes und bezahlbares Verkehrsangebot machen.


erschienen in Forum Nr. 105, März 2021