Gute sozialdemokratische Politik für eine gute und gerechte Zukunft

Aus SGK Berlin
Michael Müller

von Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin

Es ist eine Binsenwahrheit, und doch muss man es immer wieder sagen – gerade denen, die die SPD schon abgeschrieben zu haben scheinen: Wahlen werden nicht in Umfragen gewonnen oder verloren, sondern am Wahltag! Bis dahin werden wir als SPD und Bundestagskandidat*innen einen engagierten Wahlkampf führen und von unseren Inhalten überzeugen.

Und gerade die letzten Tage der furchtbaren Flutkatastrophe haben gezeigt, dass Olaf Scholz mit seiner besonnenen, anpackenden und die Lage richtig einschätzenden Art Politik zu machen, Kanzlerformat hat. Seine Konkurrenten konnten einmal mehr auch in der Krise nicht überzeugen. Das merken die Menschen und so wächst auch das Vertrauen in Olaf Scholz.

Aber: Die derzeitigen Umfragen um die 15% für die SPD (Stand Ende Juli[1]) sind bitter, denn sie spiegeln die guten Leistungen unserer sozialdemokratischen Regierungsmitglieder keineswegs wider.

Jedoch haben wir in den letzten Jahren auch gelernt, dass die Wählerinnen und Wähler sehr volatil in ihrem Wahlverhalten sind. Das sieht man auch in den letzten Wochen am Umfragen-Auf und Ab bei der Union und den Grünen. Da ist noch in alle Richtungen viel Bewegung möglich. Ein unbedachter Satz, die falsche Mimik, eine Ungenauigkeit im Lebenslauf – und schon kann alles anders sein. Gerade die Flutkatastrophe wird zeigen, wie sich die Interessen und Wahloptionen der Bürger*innen wieder verschieben.

Für die SPD heißt das aber auch, dass sie weiterhin überzeugende Konzepte für die Klima- und Energiewende liefern muss. Ich habe da keine Bedenken. Denn wie in vielen anderen Bereichen der großen Koalition sind auch hier mit Svenja Schulze und Olaf Scholz SPD-Regierungsmitglieder die entscheidenden Aktivposten in der Bundesregierung.

Auf den Kandidaten UND das Programm kommt es an

Zu unserem guten Kanzlerkandidaten kommt zudem ein tolles SPD-Wahlprogramm. Es macht richtig Spaß, darin zu lesen. Denn das oberste Ziel, den Wandel in der Arbeit sowie bei der Klima- und Energiewende sozial zu gestalten, ist die wichtigste Herausforderung unserer Zeit, für die die SPD die richtigen und vor allem sozial ausgewogenen Antworten gibt.

Die klare sozialdemokratische Orientierung kann man bei den zentralen politischen Themen durchdeklinieren. Ganz gleich, ob es um Arbeit, Klima, Digitalisierung, Bildung oder - ganz wichtig - unseren Sozialstaat geht.

Ich selbst habe hier zum Beispiel angesichts des Wandels der Arbeit und des Sozialstaats unter dem Druck der Digitalisierung mit dem Solidarischen Grundeinkommen (SGE) eine eigene, das Bürgergeld ergänzende Idee zur Überwindung von Hartz IV entwickelt. In Berlin setzen wir das SGE erfolgreich um. Dafür will ich mich auch auf Bundesebene einsetzen, denn das SGE hat gerade auch in der Coronakrise gezeigt, dass es arbeitslosen Menschen schnell wieder eine Chance gibt, aus der Langzeitarbeitslosigkeit raus zu kommen, bevor sich diese verfestigt.

Programmatisch zeigt die CDU mit ihrem Wahlprogramms einmal mehr, dass von ihr nichts Neues zu erwarten ist. Sie schließt auch aus, dass stärkere Schultern und vor allem diejenigen, die nicht nur gut durch die Krise gekommen sind, sondern oftmals sogar noch an ihr verdient haben, an der Refinanzierung der Krisenausgaben beteiligt werden. Hinzu kommt jetzt die milliardenschwere Aufgabe des Wiederaufbaus der von der Flut heimgesuchten Regionen. Hier muss schnell und unbürokratisch geholfen werden. Zudem muss beim Wiederaufbau umfangreich für zukünftige ähnliche Ereignisse vorgebeugt werden.

Die Union bleibt also ihrem Mantra treu, die großen Einkommen zu schonen und verhindert so auch weiter die endlich fällige Vermögenssteuer für große Vermögen.

Das Mietenproblem, die Klimakrise, Deutschland als Zukunftsstandort, gute Arbeit, die Überwindung der Pandemie. Mit einer klassischen konservativen Weiter-So-Politik wie in der CDU-Programmatik lassen sich diese Probleme nicht lösen.

Und das macht auch eins klar: Wir müssen endlich einsehen, dass man an der Seite der Union nichts gewinnen kann. Wir müssen jetzt für klare Machtoptionen jenseits von CDU/CSU stehen. Von Rot-Grün-Rot bis Rot-Grün-Gelb ist da vieles denkbar. In diesen beiden Koalitionen könnte man definitiv modernere und fortschrittlichere Politik machen. Und genau das will die SPD! Das will ich als Berliner Chef einer Rot-Rot-Grünen Koalition künftig im Bundestag mittragen.

Dafür stehe ich als Bundespolitiker

Eins der für die SPD zentralen Themen bleibt die Wohnungspolitik. Und wir haben gerade wieder beim Thema CO2-Bepreisung im Mietenbereich gesehen, dass die Union, wenn es eng wird, immer auf der Seite der Vermieter steht. Für die SPD und für mich ist gerade auch aufgrund meiner Berliner Erfahrungen klar: Wir brauchen mehr, nicht weniger Mietenregulierung und dafür unter anderem ein bundesweites Mietenmoratorium. Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau und wir brauchen eine gerechte Verteilung der Kosten für Klima und Umweltschutz im Mietwohnungsbereich.

Und auch das ist mir als Wissenschaftssenator sehr wichtig: Die Corona-Pandemie hat bewiesen, welche enorme Wichtigkeit der Wissensstandort Deutschland zur Bewältigung der Pandemie hat. Natürlich zuerst im medizinischen Bereich, aber auch bei der Transformation, die enorm beschleunigt wurde durch die Pandemie – nicht nur in Fragen der Digitalisierung oder modernen hybriden Arbeitens.

Wissenschaft und Forschung müssen in der nächsten Legislaturperiode auf Bundesebene deutlich stärker unterstützt werden – finanziell und ideell. Gerade auch, wenn es um eine intelligente Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geht.

Zudem zeigt mir meine Erfahrung als Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator, dass ein moderner, konkurrenzfähiger Wirtschaftserfolg eng verknüpft ist mit Wissenschaft und Forschung. Denn dadurch wird der Standort attraktiv für StartUps und die Digitalisierungsbranche. Das schafft Arbeit und Wirtschaftswachstum. Berlin lag zum Beispiel vor der Pandemie lange Zeit beim Wirtschaftswachstum deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Wir konnten die Arbeitslosigkeit aus der Nachwendezeit mehr als halbieren. Über 80.000 Arbeitsplätze sind in den StartUps und der Digitalisierungsbranche entstanden. Daran werden wir jetzt anknüpfen, denn diese Bereiche haben sich in der Pandemie als äußerst resilient gezeigt.

Das beweisen auch die neuesten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt. 2020 lag Berlin 5% über dem Bundesdurchschnitt. Erstmals zieht die Hauptstadt Berlin den Bund im BIP nach oben. Da bleiben wir dran. Denn dieser Erfolg ist eben kein Zufall, sondern Ausdruck der innovativen und modernen Positionierung Berlins als Denk- und Wirtschaftsstandort. Und angesichts des Drucks der Transformation ist Berlin damit beispielhaft für viele Bereiche der deutschen Wirtschaft.

Von besonderer Bedeutung ist der Wissenschaftsbereich, wenn wir uns mit modernen Konzepten für die Klima- und Energiewende einsetzen wollen. Nach den furchtbaren Ereignissen der letzten Wochen müsste eigentlich auch dem letzten klargeworden sein, dass die Wissenschaft mit ihren Warnungen und Vorschlägen Recht hatte. Wissenschaft und Forschung sind unsere größten und wichtigsten Verbündeten für eine gute, klimagerechte und damit sichere Zukunft.

Eine kluge Mobilitätswende

Auch bei der Mobilitätswende haben wir in Berlin die richtigen Weichen gestellt und können mit einem intelligenten, fossilfreien Mobilitätsmix beispielhaft zeigen, wie Mobilität im 21. Jahrhundert möglich ist. Denn auch da wird sich in ganz Deutschland viel bewegen müssen.

Auch die Bundes-SPD geht hier den absolut richtigen Weg hin zu einem modernen, CO2-freiem Verkehrsmix. Dazu gehören natürlich mehr Ladepunkte für die zunehmende Elektromobilität, mehr und besserer ÖPNV und sichere Angebote für Radfahrende.

Auch passt meine Initiative gut, in Berlin als mit Abstand größter deutscher Metropole ein 365-Euro-Ticket einzuführen.

Gerade musste der Bund weitere Milliarden für die Unterstützung von ÖPNV-Unternehmen zusagen, da diese durch Corona in Schieflage geraten sind und auch an Vertrauen verloren haben. Ein Ticket für den Nahverkehr für 1 Euro am Tag ist genau die richtige Maßnahme, den Zuspruch wieder zu erhöhen und mehr Fahrgäste zurückzugewinnen. Und ich bin sicher, viele werden dann das Auto stehen lassen und lieber umweltschonend, günstig, stau- und stressfrei mit dem ÖPNV in die Innenstadt fahren.

Aus Charlottenburg-Wilmersdorf in den Bundestag

Als Bundestags-Spitzenkandidat der SPD Berlin stehe ich für eine moderne Metropolenpolitik, die allen eine gute Lebenschance geben möchte. Und als Direktkandidat für Charlottenburg-Wilmersdorf kandidiere ich in einem Innenstadtbezirk mit mehreren Hochschulen und vielen Forschungseinrichtungen, großartigen Kulturinstitutionen und leider auch den klassischen Innenstadtproblemen von Verkehr bis zu steigenden Mieten.

Ich habe vor 10 Jahren im Senat als Stadtentwicklungssenator begonnen. Die Themen Wohnen und die Gestaltung einer Stadt für alle sind mir auch als Regierender Bürgermeister immer wichtig gewesen. Ich habe auf Bundesebene in diesem Bereich den Koalitionsvertrag verhandelt und im SPD-Parteivorstand in der „Wohnungs- und bodenpolitischen Kommission“ die wesentlichen Inhalte unseres Programmes erarbeitet.

Die SPD ist immer eine Fortschrittspartei gewesen. Der derzeitige digitale Wandel ist spannend und voller Herausforderungen. Diese Transformation sozial zu gestalten, das ist mir wichtig. Und da geht es am Ende um eine gute Sozial-, Arbeitsmarkt-, Klima-, Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik. Das sind in den letzten Jahren meine zentralen Themen gewesen.

Genau dafür möchte ich nach dem 26. September in der Bundestagsfraktion arbeiten.


erschienen in Forum Nr. 106, September 2021

Anmerkung der Redaktion

  1. Meinungsumfragen sind bekanntermaßen stets nur eine Momentaufnahme. Gern erwähnen wir hier die zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses aktuellste Befragung. Das Institut INSA ermittelte mit Stand 21.8. im Auftrag der „BILD am Sonntag“ bei der Sonntagsfrage folgende Werte für die Bundestagswahl: CDU 22 %, SPD 22 %, Grüne 17%. Zugegeben: Diese Zahlen sind in einer Zeitschrift mit längerem Vorlauf schon wieder Schnee von gestern.