Ausschüsse der BVV

Aus SGK Berlin

Bildung und Zusammensetzung der BVV

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 BezVG bildet die BVV aus ihrer Mitte die Ausschüsse. Die Mitglieder der Ausschüsse werden mit Ausnahme der Bürgerdeputierten nicht von der BVV gewählt, sondern von den Fraktionen benannt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BezVG erhält jede Fraktion in den Ausschüssen mindestens einen Sitz, das sog. Grundmandat. Die Verteilung der weiteren Sitze erfolgt nach den Mehrheits- und Stärkeverhältnissen in der BVV durch eine Vereinbarung der Fraktionen oder – wenn eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt – durch eine Entscheidung der BVV (§ 9 Abs. 2 S. 2 BezVG). Bei der Verteilung der Ausschusssitze nach den Mehrheits- und Stärkeverhältnissen besitzt die BVV einen gewissen Entscheidungsspielraum. Sie ist nicht auf das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt festgelegt und es ist ihr auch nicht verwehrt, für verschiedene Ausschüsse unterschiedliche Berechnungsverfahren zur Anwendung zu bringen.

Ändert sich während der Wahlperiode die Anzahl der Fraktionen (etwa durch Neugründungen oder durch Auflösung wegen Unterschreitung der erforderlichen Mitgliederzahl oder die Stärke einzelner Fraktionen (etwa durch Fraktionswechsel), dann hat gegebenenfalls eine Neubesetzung der Ausschüsse und der Ausschussvorstände zu erfolgen.

Die Größe der Ausschüsse soll regelmäßig auf 13 Bezirksverordnete begrenzt sein, bei Zuwahl von Bürgerdeputierten auf 11 Bezirksverordnete (§ 9 Abs. 1 Satz 3 BezVG).

Fraktionslose Bezirksverordnete sind berechtigt, nach § 9 Abs. 6 BezVG in mindestens einem Ausschuss ihrer Wahl mit Rede- und Antragsrecht teilzunehmen, was jedoch nicht für den ->Jugendhilfeausschuss gilt. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung, die auch ein Teilnahmerecht in mehr als einem Ausschuss vorsehen kann.

Die BVV ist gesetzlich verpflichtet einen Kinder- und Jugendhilfeausschuss, einen Ausschuss für Eingaben und Beschwerden und einen Integrationsausschuss einzusetzen, sonst ist sie bei der Anzahl und beim Zuschnitt der Ausschüsse frei. Allerdings empfiehlt sich die Ausschussbildung analog der Geschäftsbereiche des Bezirksamtes, um doppelte Zuständigkeiten zu vermeiden und die Kontrollfunktion optimal wahrnehmen zu können.

Rechte der Ausschüsse

Mit Ausnahme des Ausschuss für Eingaben und Beschwerden (Beschwerdeausschuss), des Integrationsausschusses und des Jugendhilfeausschusses, für die besondere gesetzliche Regelungen gelten, haben die Ausschüsse keine eigenständige Entscheidungskompetenz in Sachfragen. Sie kann ihnen auch nicht durch die Geschäftsordnung verliehen werden. Beschlussorgan ist stets, soweit nicht gesetzlich etwas anderes geregelt ist (z.B. § 17 Abs. 3 Satz 2 BezVG, § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII), das Plenum der BVV. Die Ausschüsse unterstützen die BVV bei ihrer Entscheidungsfindung und bei der Kontrolle des Bezirksamts (Kontrollrechte der BVV).

In Ausübung der Kontrolle ist nach § 17 Abs. 2 BezVG einem Ausschuss (nicht dem Plenum!) auf Verlangen, d. h. durch Beschluss des Ausschusses, Auskunft zu erteilen und Einsicht in die Akten zu gewähren.

Die Verweigerung der Akteneinsicht durch das Bezirksamt ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Das Bezirksamt muss nach § 17 Abs. 2 Satz 2 BezVG durch Beschluss feststellen, dass das Bekanntwerden der Akten dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten würde, und diese Feststellung vor dem Ausschuss schlüssig begründen.

Das Merkmal „Nachteil für das Wohl des Bundes oder eines Landes“ ist dasselbe wie in § 29 Abs. 2 VwVfG, § 99 Abs. 1 VwGO, § 96 StPO und § 11 IFG und eng zu interpretieren. Solche Nachteile sind in der Regel nur bei Beeinträchtigungen oder Gefährdungen des Bestandes und der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner wesentlichen Einrichtungen, insbesondere bei Beeinträchtigungen der äußeren und inneren Sicherheit oder bei einer erheblichen Störung der öffentlichen Ordnung oder des freundschaftlichen Verhältnisses zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen anzunehmen.

Unterhalb dieser Schwelle sind in § 17 Abs. 2 BezVG keine weiteren Einschränkungen im Hinblick auf staatliche Geheimhaltungsinteressen oder schutzwürdige Belange Dritter vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei Ausschüssen angesichts der in der Verfassung verankerten Kontrollfunktion der BVV grundsätzlich keine weitere Verkürzung des Akteneinsichtsanspruchs zulassen wollte. Den Geheimhaltungsinteressen wird in der Regel in hinreichendem Maße Rechnung getragen, wenn die Akteneinsicht mit dem Hinweis der Vertraulichkeit gewährt wird. Soweit erforderlich, kann eine Behandlung in nicht-öffentlicher Sitzung beantragt werden.

Von ungeschriebenen Einschränkungen des Akteneinsichtsrechts von Ausschüssen der BVV ist jedoch auszugehen, wenn Informationen betroffen sind, deren Weitergabe an die Bezirksverordneten wegen ihres streng persönlichen Charakters unzumutbar ist (vgl. für Untersuchungsausschüsse BVerfGE 67,100,144) oder wenn vorrangige spezialgesetzliche Vorschriften den Kreis der Zugangsberechtigten abschließend definieren. Im Übrigen ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Kontrollzweck die Übermittlung geheimhaltungsbedürftiger personenbezogener Daten überhaupt erfordert. Ausgenommen vom Recht auf Akteneinsicht sind ferner interne Beratungen des Bezirksamtskollegiums und interne Beratungen auf Verwaltungsbeamtenebene.

Die Ausschüsse der BVV können nach § 9 Abs. 4 BezVG zu einzelnen Beratungsgegenständen sachkundige Personen oder Betroffene durch Beschluss hinzuziehen, die weder Ausschussmitglied sind noch der BVV angehören müssen. Das Erfordernis der Sachkunde bzw. Betroffenheit führt zu einer Begrenzung des Personenkreises, der beteiligt werden kann. Eine über den entsprechenden Beratungsgegenstand, für den die Sachkunde bzw. Betroffenheit gegeben ist, hinausgehende Beteiligung kann jedoch durch Geschäftsordnung vorgesehen werden (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 BezVG). Durch ihre Hinzuziehung werden die sachkundigen Personen nicht Ausschussmitglied und erlangen weder Stimm- noch Antragsrecht.

Ausschussvorstände

Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 BezVG erhalten die Fraktionen einen ihrer Stärke entsprechenden Anteil der Vorstände der Ausschüsse. Die Abtretung des Vorschlagsrechts für den Vorsitz eines Ausschusses an eine andere Fraktion erscheint zulässig, jedenfalls dann, wenn Mehrheit und Stärke im Ausschuss unverändert bleiben. Einen Anspruch auf einen bestimmten Ausschussvorsitz gibt es nicht. Können sich die Fraktionen nicht untereinander einigen, muss die BVV entscheiden.

Wahl und Abwahl eines Vorstandsmitgliedes durch die BVV sind gesetzlich nicht geregelt, aber auch nicht ausgeschlossen. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen eine entsprechende Bestimmung in einer Geschäftsordnung der BVV, die nach § 9 Abs. 3 Satz 1 BezVG für die Ausschüsse sinngemäß gilt, sofern in dieser Bestimmung die für die Rechtmäßigkeit der Abwahl erforderlichen inhaltlichen Anforderungen (etwa grobe Pflichtverletzung) geregelt werden. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zur Abwahl von Mitgliedern des BVV-Vorstandes verwiesen.


Quelle: Berliner Kommunalpolitisches Lexikon, Stand: 2016